Nun war es also so weit. Ein Jahr zuvor hatten wir uns entschieden, das Internationale Faltbootsegel- Criterium nach sieben erfolgreichen Jahren „upzugraden“ und daraus die Faltbootsegel Weltmeisterschaft zu generieren. Das neue Gewand wertet die Veranstaltung auf, macht sie internationaler und für die Faltbootsegler attraktiver. Die Faltboosegel Weltmeisterschaft bildete den Auftakt für die Internationale Kanusegelwoche und war für Segelkanus aller Art ausgeschrieben, egal ob faltbar oder nicht.
Viele Teilnehmer reisten von weither an und kamen bereits an den Tagen vor der WM auf dem em² Campus an. Samstag früh kann noch Ingo Eggert, wie Gandalf im letzten, genau richtigen Moment und begann flink sein Bavaria Mustang Segelkanu aufzutakeln. Mit einem Novum, zum ersten mal seit vielen Jahren war keine Neuerung an seinem Kanusegler zu bestaunen.
Die Wettervorhersage für den 29.7.2023 war absolut unklar. Ein Hochruckkeil hatte sich von Süden zwischen zwei fetten Tiefdruckgebieten durchgezwängt und es war unmöglich vorherzusehen, wie sich der Wind in den nächsten Stunden entwickeln würde. Kurz vor elf peitschten noch heftige Böen über den Strelasund, Bert und ich beschlossen daher, 10 Minuten vor der auf 11:00Uhr angesetzten Steuermannsbesprechnung, den Kurs umzulegen und den Start in die windgeschützte Bucht vor der Marina Neuhof zu verlegen.
11:00 Steuermannsbesprechung
Die Crews hatten sich im Gemeinschaftszelt eingefunden und bekamen einlaminierte Seekarten vom Revier. Ich erklärte den Kurs am Whiteboard und die Teilnehmer trugen ihn auf ihren Karten ein. Letzte Fragen zum Kurs wurden aufgeklärt. Der Start wurde auf 12:15 verschoben, da alle Segler ja erst in die Bucht vor der Marina segeln mussten. Nach der Steuermannsbesprechung wurde es hektisch auf dem Campus: Letzte Kleinigkeiten an den Booten wurden klargemacht, Equipment zusammengesucht, und die Segelkanus zum Strand gerollert. Und währenddessen flogen freche Sprüche von Crew zu Crew hin und her, um die vermeintlichen Konkurrenten mental zu verunsichern. Für die „alten Hasen“, die in den letzten Jahren am Faltbootsegel- Criterium teilgenommen hatten, ein bekanntes Ritual, für die „Neulinge“, die noch nie an irgend einer Regatta teilgenommen hatten und entsprechend aufgeregt waren, ungewohnt. Auch in dieser Hinsicht ist die Faltbootsegel WM eine Herausforderung.
12:15 Start
Das Starterfeld hatte sich pünktlich vor der Marina Neuhof gesammelt und der Start zwischen den beiden Mooringtonnen hindurch verlief reibungslos. Leider mussten Roland und Lysan mit ihrem Triton Faltsegler schon vorher wegen technischer Probleme aufgeben, schade. Der Wind hatte inzwischen an Stärke verloren (West, 2-3 BFT) und die Böen waren auch moderater. Die Crews in den verbleibenden 15 Booten aus sechs Nationen begaben sich gemeinsam, aber in verschiedenen Wertungen, auf den Kurs. Von den sechzehn gemeldeten Booten starteten zehn in der Faltbootklasse und sechs in der Festrumpfklasse.
Raus aus der Bucht vor dem Deviner See, abfallen und vor dem Wind Richtung steuerbordseitigem Strommast im Strelasund. Koos und Axel beharkten sich auf dem Weg dorthin, so dass Pauline und ich im Käpt’n Blaubär bis zum Strommast aufschließen und die beiden Streithähne überholen konnten. Es folgte nach der Wende um den Strommast ein langer Schlag Halbwind zur Einfahrtstonne G1 Gustow. Hier spielten die Artemis Segelkanus ihre Stärke voll aus und rauschten halb gleitend davon. Obwohl Pauline als Vorschoter weit nach hinten rutschte und auf der Kante ausritt, konnten wir nicht mithalten. Für den Käpt’n Blaubär und seine Zweiercew waren die 2-3 Windstärken zu wenig zum Gleiten. Denn, so komisch das klingt, die Poucher Faltboote brauchen mehr Wind und werden dann aber richtig schnell. Wir mussten Axel und Thomas ziehen lassen, Koss hatte Ruderprobleme und fiel zurück. Dafür kämpfte sich Ingo Eggert in seinem Bavaria Segelkanu heran. Auf dem nächsten Teilstück zur roten Fahrwassertonne 30 blieben wir hart am Wind, und konnten uns vor Ingo Eggert halten, mussten aber durch meinen Steuerfehler zwei Schläge vor der Tonne 30 machen. Ich hatte die bei Westwind im Sund entstehende Strömung nach Osten nicht berücksichtigt und wir waren zu weit abgetrieben. Ingo, der alte Fuchs segelte besser und konnte an uns vorbeiziehen. Das war ärgerlich und ich habe bestimmt laut geflucht (Erinnerungslücke)… Nachdem wir Tonne 30 an Backbord passiert hatten ging es Halbwind zu Tonne 28 und dann ein bisschen anluvend direkt zum Ziel am Strand.
ab 13:00
Den Strand, das Ziel, erreichten Pauline und ich im Käpt’n Blaubär als erstes Faltboot. Vor uns wahren lediglich die beiden Artemis Segelkanus mit Axel und Thomas, und Ingo Eggert mit seinem Bavaria Mustang im Ziel. Das Publikum am Strand jubelte, wir waren Faltbootsegel Weltmeister!
Die fleißigen Helfer hatten am Ufer ein kleines Buffet aufgebaut und für jeden Ankömmling gab es Applaus und einen Aperitif. Es dauerte einige Zeit bis alle Segler im Ziel war. Letztendlich haben alle Boote den Kurs sauber absolviert, die Rennleitung hatte nichts zu beanstanden.
18:00 Siegerehrung
Vor dem Abendessen wurden die Sieger in den verschiedenen Kategorien gekürt. Die Sieger bekamen wertvolle Wanderpokale, die sie selbstredend im nächsten Jahr verteidigen müssen.
nach der Siegerehrung
gab es ein köstliches Abendessen. Vielen lieben Dank an Barbara und Jürgen. Die beiden haben stundenlang in der Küche gestanden, den Empfang der Segler am Ziel vorbereitet und ein megaleckeres Chili gekocht.
Den Abend ließen wir an der Feuertonne mit dem ein oder anderen Getränk sehr entspannt ausklingen. Es war ein herrliches Beisammensein mit tollen Leuten, schönen Booten und jeder Menge erlebter Segelabenteuer auf dem Wasser!
Ich freue mich auf die zweite Auflage der Internationalen Kanusegelwoche mit der Faltbootsegel Weltmeisterschaft im nächsten Jahr. Bis dahin,
Mast- und Schotbruch
Ingo Müller
Text: Ingo Müller
Platzierungen der 1. Faltbootsegel Weltmeisterschaft 29. Juli 2023
Wetter: Bewölkt, Wind 2-3 BFT, W
Klasse Faltboote
Platz | Name | Bootsname | Typ | Rigg |
---|---|---|---|---|
1. | Ingo Müller, Pauline Zückler | Käpt´n Blaubär | Rz85 exquisit | em² Mistal + mit Ausleger |
2. | Uli Hestermann, Heike Eddiks | Pusteblume | Pionier | em² Mistal + mit Ausleger |
3. | Helmut Braun | Tri | Klepper Aerius II XXL | B&S |
4. | Mirjam Weymann da Silva, Grit Richter | Mimali | Pouch RZ85 | em² Mistal + mit Ausleger |
5. | Roland Tietze | Klepper Aerius II | B&S + Besan em² | |
6. | Michael Wilpsbäumer mit Vorschober | Rz85 | em² Mistal + mit Ausleger | |
7. | Robert Liebhart | Jule | Klepper Aerius II | Klepper S4 als Ketsch |
7. | Otto Moeller, Marco Mey | Otto | Klepper Aerius II | Klepper S4 |
9. | Arthur aus Rügen | Nobody | Pouch RZ85 | Pouch Fledermaussegel |
Klasse Festrumpfkanus
Platz | Name | Bootsname | Typ | Rigg |
---|---|---|---|---|
1. | Axel Schmid | Artemis | Artemis | Eigenbau |
2. | Ingo Eggert | - | Bavaria Mustang | Eigenbau |
3. | Thomas Rüttimann | Pippilotta | Artemis | Boosbaugarage |
4. | Hubert und Clarie Bakker | Haseflats | 15FT Pram | Bootsbaugarage |
5. | Bert Müller, Fine | Vetinari | Lehmann Malecite 490 | em² Albatros mit Ausleger |
6. | Koos Winnips | Wolf | Artemis | Spierensegel |
Den Spirit dieser Veranstaltung könnt ihr hier erleben, ein Film vom Internationalen Faltbootsegel -Criterium 2022. Das Video von der Faltbootsegel WM 2023 ist in Arbeit