Ein Erlebnisbericht von Ingo Müller
Am Wochenende war es endlich so weit: Im Rahmen der Internationalen Kanusegelwoche fand am Samstag, dem 20. Juli 2024 die 2. Faltbootsegel-Weltmeisterschaft statt. Kanusegelnde aus mehreren Ländern waren unserem Aufruf gefolgt und kamen an den Strelasund, einem Boddengewässer der Ostsee, um sich im sportlichen Wettstreit zu messen. Der Regatta-Kurs verlangte den Teilnehmern viel ab – präzise Manöver, exaktes Trimmen der Segel, ein hohes Maß an Taktik und Durchhaltevermögen waren gefragt.
Ein Wochenende voller Gemeinschaft und Leidenschaft
Bereits am Freitag füllte sich der em² Campus mit Leben. Wohnmobile, Zelte und Busse verwandelten das Gelände in ein lebhaftes Seglerdorf. Nach dem Aufbau der Boote – klassische Faltboote in vielen Takelvarianten, schnelle Segelkajaks und Segelcanadier – trafen sich die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Abendessen. Mein Faltboot Käpt’n Blaubär, ein ca. 50 Jahre altes RZ 85 Exquisit von Pouch, hatte ich am Vortag aufgebaut und einige Probeschläge absolviert. Für Samstag war moderater Wind vorhergesagt, also hab ich bei meiner Mistral + (Ketschtakelung) noch die normale Fock gegen die größere Genua getauscht, um mehr Tuch aufs Boot zu bekommen. Eine gute Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Das Boot lief perfekt, einige Kleinigkeiten konnte ich noch einstellen.
Der Renntag
Nach dem Frühstück war für 10:00 Uhr die Steuermannsbesprechung angesetzt. Der geplante Verlauf des Wettkampftages stand schon an der Tafel und Bert gab den Kurs bekannt. Jede Crew bekam eine Karte, um sich den Kurs einzuzeichnen. Besonders wichtig: Wir segeln streng nach der Walter-Becker-Ausgleichsformel, die faire Bedingungen für die unterschiedlichen Segelkanus gewährleistet. Bert und ich hatten uns vorher beraten und entschieden, den Start eine Stunde nach hinten, auf 13:00 Uhr zu legen, in der Hoffnung auf mehr Wind. Die Kalkulation ging auf, wir hatten 2-3 BFT, also idealen Wind für unsere faltbaren Segelboote.
Eine zweite Entscheidung, den Kurs länger als sonst zu stecken, quasi den Dreieckskurs zweimal zu absolvieren, würde viele der nicht so erfahrenen Segler vor eine Herausforderung stellen, was uns durchaus bewusst war, wir aufgrund der perfekten Wetterbedingungen an diesem Tag aber für vertretbar hielten.
Nach der Steuermannsbesprechung brach natürlich die vor dem Rennen übliche Hektik aus. Hier noch was schrauben, verändern, einstellen und seine Rennmaschine perfekt vorbereiten, Segel auftuchen, Schoten kontrollieren und die Boote verladen und zum Strand bringen. Aber nicht bei mir, diesmal war ich gut vorbereitet und hatte den Käpt’n Blaubär bereits vor der Steuermannsbesprechung entspannt zum Strand gerollert und startklar gemacht. So konnte ich den üblichen Vorstarttrubel sehr genießen und den ein oder anderen frechen Spruch loswerden. Die Spannung war greifbar und wurde dadurch verstärkt, dass das Filmteam Tim und Alina unterwegs war, um die einzelnen Besatzungen nach ihren Ambitionen und Geschichten zu fragen.
Das Rennen
Kurz vor 13:00 Uhr tummelten sich 22 Kleinsegler, davon 12 Segelfaltboote im Startraum hinter der Startlinie. So viele Segelkanus beisammen, völlig unterschiedlich in Konstruktion und Aussehen! Das war ein berauschender Anblick.
Pünktlich kam das Startsignal. Bert im Summerwind und ich schossen mit einem Traumstart über die Startlinie und gingen in Führung. Aber die schnellen Artemis Segelkanus waren dicht hinter uns. Es galt zunächst, zur grünen Fahrwassertonne 21 ca. 1 Seemeile gegen den Wind aufkreuzen. Ein echt mühseliges Stück, denn es arbeitete nicht nur der Wind und die Wellen, sondern auch die von Osten in den Strelasund einlaufende Strömung gegen uns. Hier verschaffte mir die Revierkenntnis einen kleinen Vorteil, ich mied die Fahrrinne mit der starken Strömung und erreichte die Tonne 21 gemeinsam mit den führenden Festrumpfkajaks von Axel, Thomas und Bert. Auf dem nächsten Schlag raumschots zur Einfahrt Gustow musste ich sie ziehen lassen, denn auf diesem Kurs sind die festen Rümpfe dem Faltboot überlegen, sie haben einfach weniger Widerstand. Allerdings konnten sie sich bis zum Schluss nicht richtig von mir absetzen und hatten im Ziel nach zwei Runden mit über 10 Seemeilen (18,5 km) gerade mal 5 Minuten Vorsprung vor mir. Darauf bin ich mächtig stolz, denn es zeigt wie gut mein alter Falter Käpt’n Blaubär mit unserem Mistral+ Rigg unterwegs ist. Von der Faltbootkonkurrenz habe ich in dieser Rennphase leider wenig mitbekommen. Denn auf dem ersten Stück hoch zur Tonne 21 zeigte sich ein Problem, was die Masse der Faltbootsegler hat, sie kommen nur schwer auf Amwindkursen voran. Auf dem Rückweg von der Tonne 21 kamen mir das aufkreuzende Verfolgerfeld entgegen und ich konnte den Fight zwischen einzelnen Seglern en passant schön beobachten. Am Ende ist es schnurz wo man sich im Feld befindet, wenn ein anderer Segler auf Tuchfühlung ist, denn “zwei Boote sind eine Regatta”. Die Segler lieferten sich Kopf-an-Kopf-Rennen, bei denen jede Wendetonne hart umkämpft war. Gegen 15:30 Uhr Stunden erreichten die schnellsten Segelkanus und ich das Ziel. Andere Segler brauchten etwas länger, um den Kurs zu bewältigen, aber gegen 17:00 Uhr waren alle Segler im Ziel angekommen. Und die einhellige Meinung war, es war sehr fordernd, weil lang, aber geil. Zur Belohnung gab’s am Strand ein reiches Kuchenbuffet.
Hier geht ein extra Dank an Frau Kampmann, die mit ihren Backkünsten alle Segler begeisterte. Zum Anstoßen reichte Jule jedem Ankömmling einen Begrüßungssekt und die Segler nutzten gleich die Gelegenheit, erste Erlebnisse während des Rennens auszutauschen.
Am Abend gab es die Siegerehrung mit den Ehrungen in den verschiedenen Kategorien wie “schönste Cew”, “ältestes Boot” oder “weiteste Anreise”.
Für mich war es einer meiner schönsten Segeltage. Es herrschte eine unglaublich gute Stimmung auf dem em2 Campus, ich konnte trotz der Anstrengungen, die die Ausrichtung eines solchen Events erfordert, die Gemeinschaft der Kanusegler sehr genießen. Die Hilfsbereitschaft und Unterstützung der Teilnehmer war ein großartiger Bestandteil, der diese 2. Faltbootsegel- Weltmeisterschaft zu einer runden Sache werden ließ.
Danke an unsere Helfer und Unterstützer
Ein Event wie die Faltbootsegel-WM wäre ohne die Unterstützung vieler Helfer nicht möglich. Ein herzlicher Dank geht an:
- Franz, der das Rettungsboot mit großer Umsicht steuerte und jederzeit für die Sicherheit sorgte.
- Frau Kampmann, die uns mit ihrem Kuchen nicht nur satt, sondern auch glücklich gemacht hat.
- Tim und Alina, die als Filmteam unglaubliche Arbeit geleistet haben und die Regatta in beeindruckenden Bildern eingefangen haben.
- Alle Teilnehmer und Zuschauer, die dieses Event zu einem echten Highlight gemacht haben.
Vorfreude auf 2025
Die nächste Faltbootsegel-Weltmeisterschaft ist bereits in Planung: 12. Juli 2025! Merkt euch den Termin und meldet euch rechtzeitig an – wir freuen uns darauf, mit euch die Segel zu setzen und neue Geschichten auf dem Wasser zu erleben.
Mehr Informationen und Anmeldung für 2025 hier: https://www.em2.de/events/faltbootsegel-weltmeisterschaft/
Die Platzierungen
Am Nachmittag folgte die Siegerehrung, bei der sowohl die schnellsten Boote als auch besondere Leistungen gewürdigt wurden.
Klasse Faltboote
Platz | Name | Bootsname | Typ | Rigg |
---|---|---|---|---|
1. | Ingo Müller | Käpt´n Blaubär | Rz85 exquisit | em² Mistal + |
2. | Helmut Braun | Tri | Aerius 550 | B&S |
3. | Roland Moll, Lysin Moll | Olivia Oil | RZ96 | em² Mistal |
4. | Otto Möller | Otto | Aerius II | em² Mistal + |
5. | Michael Wilpsbäumer, René Bachmann | RZ96, XFLR-6 | em² Mistal + | |
6. | Robert Liebhart | Jule | Klepper Aerius | Bavaria/Eigenbau |
7. | Kai Müller, Philipp Mensching | Hexe | Klepper Aerius II | Klepper S3/Besan Eigenbau |
8. | Mirjam Weymann da Silva, Grit Richter | Mimali | RZ85 | em² Mistal + |
9. | Andor Gyalmos | Kolibri 4 | GY28 | Bunte Mischung |
Klasse Festrumpfkanus
Platz | Name | Bootsname | Typ | Rigg |
---|---|---|---|---|
1. | Axel Schmid | Artemis | Artemis | Bootsbaugarage 5,4 qm + Vorsegel |
2. | Thomas Rütlimann | Pippilotta | Artemis | Bootsbaugarage 6,2 qm |
3. | René Gies | Viola 14 | Le Voilà | Viola |
4. | Bert Müller | Nostromo | Summerwind Segelkajak | em² Mistral + |
5. | Karl Loebling/Stefan Abrell | Harald Blatand | Summerwind Segelkajak | em² Mistral |
6. | Mark Whitelock | Nobody | Canoe Prospector 15,5ft | Solvey Dory |
7. | Johanna Baillieu, Ole Tax | Serenity | Summerwind Segelkajak | em² Mistral + |
Außer Wertung
Name | Bootsname | Typ | Rigg |
---|---|---|---|
Andreas Thorandt | Ella | Kolibri 3 | Kolibri |
irk Hartmann, Inga von Knobelsdorff | Giesenhagen | RZ85-3 | Pouch Mistral mit Besan |
Hans Krein | Bastelhannes 7 | Klepper T8 | Klepper/Eigenbau |
Angelow Rachov | Winner | PE Kajak | Eigenbau |
Michael Trebesch | Kahla | Malecite | em² Albatros |
Ahoi und bis bald!
Ingo Müller